Abriß der Geschichte der Grafschaft Glatz

Da die Pässe von Wartha, Mittelwalde und Hummel die Möglichkeit boten, vom Stromgebiet der Elbe/March in das der Oder zu kommen, so war der Glatzer Kessel ein Durchgangsland in allen Jahrhunderten; deshalb verwundert es nicht, daß – wie Funde nachweisen – in der Stein-, Bronze- und frühen Eisen-Zeit Menschen in der Grafschaft wohnten. Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß in der Folgezeit Illyrer, Kelten und schließlich Germanen den Gebirgskessel besiedelten, von denen allerdings der größte Teil im Zuge der letzten großen Völkerwanderung das Land verließ. Wie die politischen Verhältnisse waren, lesen wir in der »Chronik von Böhmen« des Prager Domdechanten Cosmas. Darin berichtet er zum Todesjahr des böhmischen Fürsten Slavnik von Liebitz 981, daß dieser u.a. Glatz als eine an der Neiße gelegene Grenzburg besessen habe. Mit dieser Nachricht wird eindeutig festgestellt, daß der Glatzer Kessel politisch zu Böhmen gehörte. Diese Tatsache bestätigte 1137 der sog. Pfingstfriede, den unter Vermittlung Kaiser Lothars III. (1125 – 1137) die Herzöge Sobieslaw I. von Böhmen und Boleslaw von Polen auf der Glatzer Burg schlossen.

Die Wappen der Grafschaft Glatz, der Stadt Glatz, von Habelschwerdt und Neurode ...
 

Geschichtsdaten

1198 – 1278:
Unter den böhmischen Königen Ottokar I., Wenzel I. und Ottokar II. kamen deutsche Siedler ins Land.

1275:
Glatz ist eine deutsche Stadt nach Magdeburger Recht.

1324 – 1412:
Ältestes Glatzer Stadtbuch.

1346 – 1390:
Ältestes Glatzer Amtsbuch (Protokollbuch des Adelsgerichtes).

1335:
König Kasimir III. von Polen verzichtet zugunsten Böhmens auf Schlesien – sogenannter (Vor-)Vertrag von Trentschin.

1339:
Der polnische König anerkennt mit Urkunde den Vorvertrag, der endgültig in Kraft tritt. In bezug auf Schlesien heißt es, daß der polnische Herrscher »kein Recht, kein Eigentum, keine Herrschaft, keinen Besitz und Rechtstitel habe, noch gehabt habe, ihm solche weder zustehen, noch zugestanden haben« (nach J.J. Menzel).

1419 – 1436:
In den Hussitenkriegen erleidet das Land starke Verwüstungen.

1426:
Kaiser Sigismund beauftragt Potho von Tschastolowitz, Landeshauptmann von Glatz, in Glatz Heller schlagen zu lassen.

1428:
Die Hussiten belagern Glatz vergeblich; im Dezember fällt Herzog Johann von Münsterberg in der Schlacht am Roten Berg.

1459:
Georg von Podiebrad, König von Böhmen, erhebt das Glatzer Land zur Grafschaft.

1462:
Kaiser Friedrich III. bestätigt diese Erhebung. Glatz wird Residenz des Grafen Heinrich des Älteren, des Sohnes Georgs.

1477:
Heinrich der Ältere gliedert den sog. Hummelbezirk der Grafschaft ein.

1524 – 1560:
In der Grafschaft Glatz findet die Reformation, das lutherische Bekenntnis, große Verbreitung.

1526:
Nach einem Erbvertrag von 1515 zwischen den Habsburgern und den Jagiellonen fallen Ungarn, Böhmen mit seinen Nebenländern Mähren, Schlesien und die Grafschaft Glatz an Erzherzog Ferdinand, der 1531 deutscher König wird.

1548 – 1560:
Herzog Ernst von Bayern setzt als Pfandinhaber der Grafschaft die erste Gegenreformation durch, die aber nach seinem Tode sofort wieder zusammenbrach.

1561:
Ferdinand I. löst die Grafschaft ein, die nun bei Habsburg bleibt.

1561 – 1621:
Blütezeit des Protestantismus.

1597:
Die Jesuiten kommen nach Glatz.

1619:
In der Schlacht am Weißen Berge bei Prag schlägt Kaiser Ferdinand II. die protestantischen Truppen der böhmischen Stände. Die Glatzer Stände stellen sich auf die Seite des abgesetzten und geflohenen calvinistischen, kurz zuvor zum König von Böhmen gewählten Kurfürsten Friedrich von der Pfalz (»Winterkönig«).

1622:
Die Glatzer und Graf von Thurn kapitulieren nach tapferem Widerstand vor Graf Karl von Lichtenstein, dem kaiserlichen General.

1625:
Die Grafschafter leisten Erzherzog Karl, dem neuen Landesherren, den Eid. Die Anhänger des »Winterkönigs« werden bestraft und die Bevölkerung rekatholisiert.

1679/80:
Die Pest gefährdet die Menschen und fordert zahlreiche Opfer.

1740:
Maria Theresia und Friedrich II. treten die Regierung an.

1740 – 42, 1744 – 45, 1756 – 63:
Die drei Kriege, die Friedrich II. um Schlesien führt.

1741:
Der Preußenkönig kauft auf Grund eines Vertrages von Karl-Albrecht, Kurfürst von Bayern und nomineller König von Böhmen, die Grafschaft Glatz für 400.000 Taler, zahlt aber schließlich nur 200.000 Taler.

1770:
Oberst Regeler beginnt im Auftrage Friedrichs des Großen mit dem Um- und Ausbau der Festung Glatz. Im Rahmen der Aufbauarbeit des Königs richtet Meister Rohrbach in Friedrichsgrund die Glashütte ein.

1778/79:
Im Bayerischen Erbfolgekrieg wird die Grafschaft Kampfgebiet.

1790:
Goethe reist durch das Land, um unter anderem die Heuscheuer zu besichtigen.

1807:
Graf Goetzen organisiert als Generalgouverneur von Schlesien den Widerstand gegen die französischen Rheintruppen unter Prinz Jérôme, dem Bruder Napoleons, und General Vandamme.

25.6.1807:
Nach harten Kämpfen schließt Graf Goetzen einen Waffenstillstand mit Jérôme ab, dessen Bestimmungen durch den Frieden von Tilsit überholt werden. In Schlesien bleiben Glatz, Silberberg und Cosel unbezwungen.

1813/15:
Wegen der räumlichen Entfernung berühren die Kämpfe gegen Napoleon die Grafschaft nicht.

1817:
Habelschwerdt wird Kreisstadt (erste Erwähnung 1318 als »Hawelswerde«).

1855:
Neurode wird Kreisstadt (erste Erwähnung 1337 als »von dem Nevwenrode«).

1866/1870:
Während im Krieg gegen Österreich das Land den preußischen Truppen als Aufmarschgebiet dient, bleibt es in der Auseinandersetzung mit Frankreich unberührt von Kampfhandlungen.

1877:
Die Aufhebung der Festung ermöglicht den Glatzer Bürgern die Erweiterung ihrer Stadt. So folgt nun eine starke Veränderung des Stadtbildes.

1875 – 97:
Die Infrastruktur des Landes wird durch den Ausbau der Straßen und der Eisenbahn wesentlich verbessert (Glatz – Mittelwalde 1875, nach Dittersbach 1879, nach Rückers1890, nach Landeck 1897, nach Reinerz 1902).

Bis 1914:
Verschiedene Wirtschaftszweige vergrößern ihre Produktion (Bergbau) und weiten sich aus.

1918/19:
Robert Boese gründet einen Aktionsausschuß, um den Ansprüchen der Tschechen auf die Grafschaft energisch entgegentreten zu können; deshalb bleibt das Land im Vertrag von Versailles bei Deutschland.

1932:
Der Kreis Neurode wird in den Kreis Glatz eingegliedert.

8.5.1945:
Fast ohne Kriegsschaden erlebt die Grafschaft Glatz das Kriegsende und die Kapitulation der Deutschen Wehrmacht. Die Rote Armee setzt deutsche »Antifaschisten« als Treuhänder ein. Die unschuldige Bevölkerung erlebt Drangsal, Plünderung, Vergewaltigung und Totschlag. Ab Juni 1945 übernehmen Polen die Verwaltung; wahllose Inhaftierungen, Folterungen und die völlige Entrechtung sind die Folge.

Ab Juni 1945 – 1947:
Die Bevölkerung östlich von Oder und Neiße, im Gebietsstand des Deutschen Reiches in den Grenzen vom 31.12.1937, wird größtenteils vertrieben. Die Vertreibung erfolgt nicht nur unter Verletzung des Völkerrechts und der Atlantik-Charta von 1941, die Gebietsveränderungen ausschließt, die nicht mit dem frei geäußerten Willen der Bevölkerung übereinstimmt, sondern bereits vor Zusammentritt der Potsdamer Konferenz.

17.7. – 2.8. 1945:
Drei-Mächte-Konferenz in Potsdam (USA, Sowjetunion, Großbritannien) – Potsdamer Protokoll, Artikel IX: »Die drei Regierungschefs bekräftigen ihre Auffassung, daß die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens bis zur Friedensregelung zurückgestellt werden soll. Die drei Regierungschefs kommen überein, daß bis zur endgültigen Bestimmung der Westgrenze Polens ... die früher deutschen Gebiete östlich einer Linie, die von der Ostsee unmittelbar westlich von Swinemünde und von dort die Oder entlang bis zur Einmündung der westlichen Neiße ... und einschließlich des Gebiets der früheren Stadt Danzig, der Verwaltung des polnischen Staates unterstellt werden ... .« Potsdamer Protokoll, Artikel XIII: »Die drei Regierungen ... erkennen an, daß die Umsiedlung der deutschen Bevölkerung oder Teile derselben, die in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland durchgeführt werden muß.«

5.8.1950:
Charta der deutschen Heimatvertriebenen.

6.8.1960:
Deklaration zur Charta der deutschen Heimatvertriebenen.

17.5.1972:
Ratifizierung der sogenannten Ost-Verträge (Warschauer und Moskauer Vertrag); es ist u.a. Absicht der sozial-liberalen Regierungskoalition, bereits jetzt die Oder-Neiße-Linie als endgültige polnische Westgrenze anzuerkennen.

28.6.1972:
Nach Ratifizierung der Ostverträge ordnet der Vatikan die Grafschaft kirchlich dem Erzbistum Breslau zu.

31.7.1973 / 7.7.1975 / 30.5.1983:
Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 7.7.1975: »Die Gebiete östlich von Oder und Neiße sind ebenso wie das übrige Reichsgebiet in den Grenzen vom 31. 12. 1937 von den Siegermächten bei Kriegsende nicht annektiert worden.« Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30.5.1983: »Die Bundesrepublik Deutschland hat mit den Ostverträgen deutsches Gebiet nicht abgetreten.«

5.5.1990:
Die Vertretung der vertriebenen Schlesier aus der Grafschaft Glatz legt im Hinblick auf die erkennbare Absicht von Bundestag und Volkskammer, Verzicht auf die von Polen verwalteten Ostgebiete auszusprechen, Rechtsverwahrung ein.

12.9.1990:
Zwei-plus-Vier-Vertrag – Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland. Der Vertrag beinhaltet bereits die Preisgabe ganz Ostdeutschlands; ferner verzichtet die Bundesrepublik Deutschland – ohne Angabe von Gründen – auf den Abschluß eines Friedensvertrages.

14.11.1990:
Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze; damit verzichtet Deutschland, ohne daß hierfür ein Rechtsgrund besteht, auf die Ostprovinzen des Deutschen Reiches und Stettin.

16.1.1992:
Der Vertrag tritt in Kraft.

18.9.1993:
Gründung des Deutschen Freundschaftskreises der Grafschaft Glatz durch die Zentralstelle und Heimatgruppe Grafschaft Glatz.

24.5.1996:
Resolution der Vertretung der vertriebenen Schlesier aus der Grafschaft Glatz gegen eine Seligsprechung von Augustyn Kardinal Hlond, Primas von Polen. Kardinal Hlond vertrieb unter Vortäuschung päpstlicher Vollmachten die deutschen Bischöfe, Weihbischöfe, Generalvikare und Domkapitel eigenmächtig aus ihren Ämtern und leitete bereits 1945 die Polonisierung dreier ostdeutscher Diözesen ein.

18.12.1996:
»Amecker Entschließung« der vertriebenen Schlesier aus der Grafschaft Glatz. Insbesondere gegenüber den Verfassungsorganen der Bundesrepublik Deutschland werden u.a. das Eintreten für die historische Wahrheit, die gerechte Lösung der Eigentumsfrage und die Aufhebung der weiterhin bestehenden polnischen Vertreibungs- und Enteignungsdekrete angemahnt.